Frauen sind häufiger vom Trockenen Auge betroffen

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Das Trockene Auge ist längst keine Randerscheinung mehr, sondern eine weit verbreitete Erkrankung der Augenoberfläche. Die medizinisch als „Keratokonjunktivitis sicca“ bezeichnete Störung entsteht durch Tränenmangeloder eine übermäßige Verdunstung des Tränenfilms. Die Folgen sind vielfältig: Trockenheitsgefühl, Brennen, Juckreiz, Rötungen oder auch übermäßiges Tränen – paradoxerweise ein Versuch des Auges, die gestörte Tränenfilmzusammensetzung zu kompensieren.

Prävalenz: Jede dritte Frau betroffen

Einen klaren Blick auf die Häufigkeit dieser Erkrankung bietet die Heinz Nixdorf Recall-Studie, die 2.095 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 62 und 91 Jahren untersuchte. Dabei litten 24 bis 36 % unter einem trockenen Auge – mit auffälligen Geschlechterunterschieden: 42,3 % der Frauen, aber nur 20,4 % der Männer waren betroffen. Das Risiko ist für Frauen also mehr als doppelt so hoch.

Besonders bemerkenswert: Über 70 % der Betroffenen mussten sich im letzten Jahr aufgrund ihrer Beschwerden behandeln lassen – sei es durch Benetzungstropfen, Lidpflege oder systemische Medikamente.

Wechselwirkung mit anderen Augenerkrankungen

Frauen zeigten zudem häufiger einen Zusammenhang mit altersassoziierten Augenerkrankungen wie Katarakt, Glaukomoder altersabhängiger Makuladegeneration (AMD). Hochgerechnet auf die deutsche Bevölkerung im entsprechenden Alterssegment ergibt sich eine Betroffenenzahl von bis zu 8 Millionen Menschen, davon über 5 Millionen Frauen.

Unterschiede in Wahrnehmung und Symptomatik

Beobachtungen aus der Spezialsprechstunde für Trockene Augen an der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf bestätigen: Frauen berichten vermehrt über geschwollene Lider, rote Augen und intensivere subjektive Beschwerden. Männer dagegen geben häufiger ein reflektorisches Tränen an. Bemerkenswert ist auch der Zusammenhang zu psychischen Symptomen: Nur bei Frauen mit Trockenem Auge zeigte sich eine häufigere depressive Symptomatik und das Risiko für ein sogenanntes neuropathisches Schmerzsyndrom war deutlich erhöht.

Hormonelle Ursachen und Meibomdrüsendysfunktion

Ein entscheidender Faktor ist das hormonelle Gleichgewicht: Nach der Menopause sinkt die Produktion männlicher Sexualhormone, die offenbar einen protektiven Effekt auf den Tränenfilm haben. Frauen leiden dann vermehrt unter Meibomdrüsendysfunktion, was zu einem instabilen Tränenfilm führt. Mithilfe diagnostischer Farbstoffe lassen sich mikroskopisch kleine Schädigungen der Horn- und Bindehaut sichtbar machen – oft reversibel, aber unangenehm.

Therapie: Frühzeitiger Besuch beim Augenarzt schützt

Die gute Nachricht: Das Trockene Auge ist heute gut behandelbar. Benetzungstropfen, Lidrandpflege, Omega-3-Fettsäuren oder im schweren Fall medikamentöse Interventionen bieten eine breite therapeutische Palette. Der Gang zum Augenarzt ist dabei essenziell – nicht nur zur Linderung der Beschwerden, sondern auch zur Vermeidung chronischer Schäden.

Quellen (alle online zugänglich):

  1. Heinz Nixdorf Recall Studie: https://www.recall-studie.de

  2. BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung: Erkenntnisse zur Augengesundheit älterer Menschen (2023)

    https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2023/12/augengesundheit-älterer.html

  3. Universitäts-Augenklinik Düsseldorf – Trockenes Auge Spezialsprechstunde:

    https://www.uniklinik-duesseldorf.de/patienten-besucher/klinikeninstitute/augenklinik/ambulanz/trockenes-auge

  4. Schaumberg et al., “Prevalence of Dry Eye Disease among US women,” American Journal of Ophthalmology, 2003.

    (zit. nach: https://www.aaojournal.org)

  5. Bron et al., “TFOS DEWS II Pathophysiology Report”, Ocular Surface Journal, 2017.

    Zusammenfassung: https://www.tfosdewsreport.org

  6. DEGS1 – Gesundheitliche Lage älterer Menschen in Deutschland, Robert Koch-Institut

    https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/DEGS/DEGS_node.html

  7. Stapleton et al., “The epidemiology of dry eye disease,” Ocular Surface, 2017.

    DOI: 10.1016/j.jtos.2016.12.003