März 10, 2025

Gleitsichtgläser: Technologie, Funktion und Entwicklungsgeschichte

Wie funktionieren Gleitsichtgläser?

Gleitsichtgläser sind speziell entwickelte Brillengläser, die eine stufenlose Sehkorrektur für verschiedene Entfernungen bieten. Im Gegensatz zu Bifokal- oder Trifokalgläsern ermöglichen sie eine nahtlose Anpassung zwischen Fern-, Zwischen- und Nahsicht, ohne sichtbare Trennlinien.

Optische Zonen eines Gleitsichtglases

Ein typisches Gleitsichtglas besteht aus drei Hauptbereichen:

1. Fernbereich (oben): Scharfes Sehen für weit entfernte Objekte, z. B. beim Autofahren oder Fernsehen.

2. Zwischenbereich (Mitte): Unterstützt mittlere Entfernungen, z. B. Computerarbeit oder Gespräche.

3. Nahbereich (unten): Optimiert für das Lesen und die Nutzung von Smartphones oder Büchern.

Der Übergang zwischen diesen Bereichen erfolgt stufenlos durch eine kontinuierlich veränderte Brechkraft.

Einschränkungen der Gleitsichtgläser durch den Satz von Minkwitz

Trotz technischer Fortschritte gibt es optische Grenzen, die durch physikalische Gesetzmäßigkeiten bedingt sind. Eine dieser fundamentalen Einschränkungen ist der Satz von Minkwitz, den der deutsche Optiker Günter Minkwitz 1963 formulierte.

Was besagt der Satz von Minkwitz?

Der Satz beschreibt die unvermeidlichen peripheren Abbildungsfehler in Gleitsichtgläsern:

• Je stärker die Brechkraftänderung (Addition) zwischen Fern- und Nahbereich, desto größer sind die seitlichen Unschärfebereiche.

• Diese Unschärfebereiche (astigmatische Verzerrungen) lassen sich nicht vollständig vermeiden, da die Optik keine plötzlichen Brechkraftänderungen ohne Nebenwirkungen ermöglicht.

Das bedeutet: Je höher die Sehstärke im Nahbereich, desto stärker treten unscharfe Bereiche in den Randzonen auf.

Auswirkungen auf die Weiterentwicklung von Gleitsichtgläsern

Der Satz von Minkwitz setzt physikalische Grenzen, wie weit sich Gleitsichtgläser verbessern lassen. Moderne Technologien wie die Freiform-Technologie versuchen, die Verzerrungen in den Randbereichen zu minimieren, aber sie können nicht gänzlich eliminiert werden.

Optiker und Hersteller nutzen daher verschiedene Optimierungsmethoden:

• Individualisierte Gleitsichtgläser mit optimierten Sehbereichen je nach Kopf- und Augenbewegungen des Trägers.

• Erweiterte Zwischenzonen für Berufe mit intensiver Nutzung von mittleren Distanzen (z. B. PC-Arbeit).

• Anpassung der Gläser an die Tragegewohnheiten, um Verzerrungen subjektiv zu reduzieren.


Die Entwicklung der Gleitsichtgläser

Von der Bifokalbrille zum Gleitsichtglas

Die Idee, ein Mehrstärkenglas zu entwickeln, geht auf das 18. Jahrhundert zurück. Benjamin Franklin erfand die erste Bifokalbrille, indem er zwei Linsen mit unterschiedlichen Stärken kombinierte.

Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entstanden Trifokalbrillen, die jedoch störende sichtbare Trennlinien aufwiesen.

Der Durchbruch: Das erste Gleitsichtglas (1959)

Der französische Ingenieur Bernard Maitenaz entwickelte 1959 das erste moderne Gleitsichtglas für Essilor und brachte es unter dem Namen Varilux auf den Markt.

Im Gegensatz zu früheren Mehrstärkengläsern bot das Varilux-Gleitsichtglas einen fließenden Übergang zwischen Sehbereichen, ohne dass der Brillenträger seinen Kopf unnatürlich bewegen musste.

Mit dem Aufkommen computerbasierter Fertigungstechnologien in den 1990er Jahren konnten die Gläser präziser an individuelle Sehanforderungen angepasst werden.


Wann sind Gleitsichtgläser sinnvoll?

Gleitsichtgläser sind besonders für Menschen ab etwa 40–45 Jahren geeignet, wenn die altersbedingte Weitsichtigkeit (Presbyopie) einsetzt. Sie bieten eine komfortable Lösung für Personen, die regelmäßig zwischen verschiedenen Sehdistanzen wechseln müssen.


Fazit

Gleitsichtgläser sind eine revolutionäre Erfindung der Optik, die seit 1959 stetig weiterentwickelt wurden. Allerdings setzt der Satz von Minkwitz klare physikalische Grenzen für eine vollständige Korrektur. Moderne Technologien helfen zwar, die Verzerrungen zu minimieren, aber nicht völlig zu beseitigen.

Trotz dieser Einschränkungen bieten maßgeschneiderte Gleitsichtgläser heute eine komfortable Alternative zu Mehrbrillenlösungen und ermöglichen eine stufenlose Sicht von nah bis fern.

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